In diesem Projekt haben Forscher herausgefunden, wie sich eine zunehmende Anzahl dezentraler Wärmeerzeuger auf die Netzhydraulik und die thermische Wechselbeanspruchung bestehender Fernwärmenetze auswirkt und in welcher Größe Wärmespeicher für einen optimierten Betrieb nachzurüsten sind. Auf der Grundlage statistischer und modellbasierter Methoden wurden frei zugängliche Softwaremodule entwickelt. Damit können volatile Wärmequellen in der Netzplanung und im Netzbetrieb besser berücksichtigt werden.
Vorhersage-Methoden waren noch nicht ausgereift
Im Zuge der Energiewende haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Fernwärme geändert. Nach Expertenprognosen kommt ihr insbesondere im urbanen Raum eine wichtige Aufgabe zur Sicherstellung der Wärmeversorgung zu. Vermehrt entstehen Ideen, dezentrale Wärmequellen in Fernwärmenetze einzubinden. Doch derzeit existieren für die Planung und Bewertung volatiler, dezentral erzeugter Anteile in der Fernwärme - z. B. aus Solarthermie, Wärme Strom-orientierten aus BHKW und Power-to-heat-Anlagen - lediglich erste Planungswerkzeuge.
Mit dem Vorläuferprojekt „Dezentrale Einspeisung in Nah- und Fernwärmesysteme unter besonderer Berücksichtigung der Solarthermie“ (DEZENTRAL) wurden Grundlagen erarbeitet, die nun vertieft mit Fragestellungen der Praxis verknüpft werden. Dabei geht es vor allem um die Auswirkungen der Integration von Solarthermie und anderen volatilen Wärmeerzeugern auf die Betriebsführung und die Komponenten bestehender Fernwärmesysteme. Entsprechende Vorhersage-Methoden sind bislang noch nicht ausgereift.
Mit zeit- und ortsaufgelösten Simulationen beispielhafter Fernwärmenetze untersuchten die Forscher die Ist-Situation und Varianten eines stufenweise zunehmenden erneuerbaren Anteils im Netz. Dies geschah in Zusammenarbeit mit Fernwärmeunternehmen, Wissenschaftlern und kommerziellen Softwareanbietern.

Fiktives Fernwärmenetz mit bestehender zentraler KWK-Erzeugerstruktur und unterschiedlichen Standorten für dezentrale Wärmeerzeuger.
© AGFWProjektziel: Auswirkungen volatiler Erzeuger vorhersagen
Das wesentliche Ziel des Projekts DELFIN ist die Erarbeitung von Werkzeugen, die die Veränderung der thermohydraulischen Verhältnisse in Fernwärmenetzen durch Einbindung volatiler dezentraler Wärmeerzeuger in geeigneten Simulationsumgebungen vorausberechnen und Hinweise hierzu geben können. Dabei sollen sowohl die Wirkungen auf den existierenden Erzeugerpark und die Komponenten – z. B. Umwälzpumpen, Druckhaltung, Rohrleitungen - als auch die Effekte verschiedener Speicherstandorte realitätsnah widergespiegelt werden.

Vereinfachte Darstellung Bilanzraum Fernwärmenetz und untersuchte Technikvariationen
© TU Dresden, GEWVReale Fernwärmenetze im Simulationscheck
Um das Forschungsziel zu erreichen, wurden in einem ersten Schritt volatile Erzeuger modelliert und simuliert. Die so entstandenen Modelle und Profile charakterisieren die zeitliche Veränderlichkeit von für die Praxis wichtigen Größen. Dazu zählen beispielsweise Massenstrom und Temperatur der ins Fernwärmenetz eingespeisten Wärme. Anschließend wurden diese neuen Erzeugermodelle und -profile in verschiedene Simulationsmodelle für Fernwärmenetze eingebunden. Dadurch sollen die heutigen und künftigen Auswirkungen von zunehmend dezentraler Wärmebereitstellung bewertet werden.
Anhand realer Fernwärmenetze im Bestand wurde abschließend die Wirkung der zunehmenden Dezentralisierung der Wärmeerzeugung für verschiedene Klimabedingungen untersucht. Über gezielte Simulationsstudien konnten die Wirkungen auf Ressourcenverbrauch, Treibhausgasemissionen und technischen Randbedingungen identifiziert und sinnvolle Speicherintegrationen ermittelt werden. Die Untersuchung umfasste somit auch eine Bewertung des Einflusses dezentraler Wärmeerzeuger auf die Systemeffizienz und lieferte zusätzliche Hinweise zum Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der untersuchten Wärmenetze.

Beispiele für Simulationsergebnisse 2,2 MW-Sekundärnetz
© TU Dresden, GEWVEinsatzzweck und Zielsetzung
Einsatzgebiet | Planung von Fernwärmenetzen, Ausbau- und Betriebsführungsstrategien |
Perspektiven | Im Anschluss an das Projekt bietet sich prinzipiell die Möglichkeit, die entwickelten Softwarebausteine und Projektergebnisse für weitere Praxisfällen zu nutzen. |
Modellierung & Simulation | Es werden Fernwärmenetze mit einer zunehmenden Anzahl volatiler, dezentraler Wärmeerzeuger orts- und zeitaufgelöst thermohydraulisch simuliert. |
Wirtschaftlichkeitsanalysen | Simulationsergebnisse bilden eine Basis für die Bilanzierung der Veränderungen hinsichtlich Ressourcenverbrauch (Exergie) und CO2-Emissionen. Auf eine Betrachtung der Betriebskosten wurde aufgrund deren sehr begrenzter Aussagekraft für die investitionsintensive Solarthermie verzichtet. |
Praxistransfer
Die zum Einsatz gekommenen Simulationstools und Modelle sind für die Ist-Situation weitestgehend in der Praxis erprobt bzw. mit Praxisdaten getestet worden. Ein unabhängiger Projektkreis aus der Praxis stellte sicher, dass bei der Erweiterung um die dezentrale Wärmeeinbindung praktische Aspekte Eingang in die Projektbearbeitung finden. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts können nun von Wärmenetzbetreibern auf ihre Situation übertragen und angewendet werden. Ausgewählte Softwarebausteine können auf www.agfw.de/delfin/ kostenfrei angefragt werden.
Anwendungsreifes Produkt oder Verfahren
Anwendungsbedingungen, Möglichkeiten | Die Projektergebnisse ermöglichen es Anbietern von Fernwärmenetz-Simulationssoftware, volatile Wärmeerzeuger bzw. Einbindeprofile in ihren Simulationen zu berücksichtigen. |
Die Projektergebnisse informieren die Fernwärmebranche und die Politik über nötige Randbedingungen und zu erwartende Effekte einer technisch möglichen und ökologisch sinnvollen dezentralen Einbindung volatiler Wärmeerzeuger in Wärmenetze. | |
Bezugsadresse/Download | Das Projekt ist seit Ende 2019 abgeschlossen. Die Ergebnisse wurden im März 2020 veröffentlicht. (Link zum Bericht: siehe rechte Spalte.) |