Mit seinem Neubau in Würzburg will ein Forschungsinstitut innovative Materialien, Systeme und Technologien experimentell testen und deren Einsatzmöglichkeiten für Neubauten und den Gebäudebestand wissenschaftlich evaluieren. Dazu werden neuartige, prototypische Baumaterialien, Bausysteme und Technologien eingesetzt, die sich allesamt für eine energieeffiziente und Ressourcen schonenden Bauweise nutzen lassen. Die gründliche Vorplanung zeigt zudem, wie Gesamtenergie-Kreisläufe bereits im Planungsprozess positiv gesteuert und optimiert werden können.
Projektkontext
Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V., kurz: ZAE Bayern, betreibt an den Standorten Würzburg, Erlangen und Garching anwendungsorientierte Energieforschung. Der Forschungsansatz ist interdisziplinär und verknüpft Materialforschung, Komponentenentwicklung und Systemoptimierung. Ein besonderer Fokus ist das energieoptimierte Bauen. So entwickelt das Institut in Kooperation mit anderen Forschungs- und Entwicklungspartnern hochwärmedämmende, ultraschlanke Vakuumisolierverglasungen und Fensterrahmenkonstruktionen sowie textile Hüllen für Gebäude.
Bei der Realisierung des von den Architekten Lang Hugger Rampp entworfenen Gebäudes wird das Forschungsinstitut in der Planung von Beginn an von einem erfahrenen Ingenieurbüro für Nachhaltiges und Energieeffizientes Bauen und einem Tragwerksplaner und Projektsteuerer bei der Konzeption und Ausführung unterstützt. Das Vorhaben zeichnet sich durch die Vielzahl der eingesetzten neuartigen Energieeffizienztechnologien aus und will damit ein Referenzgebäude mit nationaler und internationaler Ausstrahlung sein. Auf zwei Stockwerken mit insgesamt etwa 3.400 m² Geschossfläche werden Labore, ein Technikum, Büroflächen und ein öffentlich zugängliches Infocenter entstehen. Bereits im Frühjahr 2011 gruben sich die Bagger in den Baugrund des Konversionsgeländes „Am Hubland“, um Platz für die Gründung des Gebäudes zu schaffen. Im Frühjahr 2013 soll das Gebäude fertiggestellt sein als ein erster Baustein für eine nachhaltige und ökologische Stadtentwicklung des neuen Leighton-Barracks-Areal.
Forschungsfokus
Dieser Institutsneubau soll ein experimentelles Forschungsgebäude und Referenzobjekt sein. Verschiedene neuartige technologische Ansätze und Entwicklungen werden hier unter wissenschaftlichen Bedingungen getestet und erprobt. Neuartige energieeffiziente Materialien, Komponenten und Systeme kommen zum Einsatz und sollen ihr Potenzial zeigen. Und nach dem Motto „smart building – smart technologies“ soll in Verbindung mit einer intelligenten Gebäudetechnik ein konsequent energieoptimiertes Gebäude entstehen.
Konzept
Gebäudekonzept
Die Gebäudegestalt spiegelt den innovativen technischen Anspruch des Gebäudes wider und bildet durch unverwechselbare formale und materielle Erscheinung die bauliche Visitenkarte des Forschungsinstituts ZAE Bayern. Der Einsatz textiler Bauelemente akzentuiert die architektonische Besonderheit des Forschungs- und Demonstrationsgebäudes. Der Raumkomfort wird hautsächlich durch einen sehr hohen Anteil an natürlicher Belichtung des Gebäudes und der Gebäudetechnik geregelt, um eine hohe Nutzerakzeptanz sicherzustellen. Das Gebäude soll zudem problemlos erweiterbar sein.
Die textile Bauweise kann einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz des geplanten Neubaus liefern, indem zum einen eine Überdachung des gesamtem Gebäudekomplexes eine Zwischenklimazone schafft, die sowohl eine Reduktion von Wärmeverlusten bewirkt als auch die Anforderungen an die Witterungsbeständigkeit der Gebäudeaußenfassaden herabsetzt. Zum anderen kann der Energieeintrag und die Versorgung des Gebäudes mit Tageslicht durch maßgeschneiderte Transmissionseigenschaften der eingesetzten Membranen gezielt beeinflusst werden. Die senkrechten Fassadenelemente der Gebäudehülle werden in einer Pfosten-Riegel-Konstruktion unter Einbeziehung von Vakuumisolationspaneelen erstellt.

Am auffälligsten ist das textile Dach des Neubaus. Neuartige Membranfolien lassen in Verbindung mit speziellen Deckenelementen Tageslicht in das Gebäude und schaffen zugleich eine regulierbare Zwischenklimazone.
© ZAE Bayern
Hyperbolische Flächen, also in zwei Richtungen gegenläufig gekrümmte und verspannte Folien, erreichen eine hohe Stabilität. Man kann sogar darauf herumlaufen. Zugleich empfinden die meisten Menschen diese Formen als harmonisch, elegant und gefällig.
© ZAE BayernWeitere Abbildungen

Innenraum des textilen Membrandaches mit transparenter und durchscheinender Membran zur Tageslichtnutzung.
© ZAE Bayern
Visualisierung des geplanten Forschungsgebäude „Energy Efficiency Center“ in Südost-Ansicht mit Blick auf den Haupteingangsbereich.
© Lang Hugger Rampp GmbH
Visualisierung der Nordost-Ansicht mit Blick auf die Forschungsplattform.
© Lang Hugger Rampp GmbH
Das Gebäude im Schnitt – Visualisierung
© Lang Hugger Rampp GmbH
Die Zisterne wird gebaut. Sie ist Bestandteil des Strahlungskühlungssystems mit natürlicher Rückkühlung auf dem Dach.
© ZAE Bayern
Über dem Haupttreppenhaus des Energy Efficiency Centers wird hier die sehr gut dämmende, transluzente Aerogelverglasung der Fa.Okalux aufgebaut
© ZAE Bayern
Das Paket aus transparenten bzw. transluzenten Membranen aus PTFE und ETFE wartet im Oktober 2012 auf die Montage.
© ZAE Bayern
Grundrisse für das Erdgeschoss und das Obergeschoss mit Flächenaufteilung nach Funktionen
© Lang Hugger Rampp GmbH
Funktionsschema: Innovatives Kühlungssystem nutzt Strahlungskälte und Verdunstungskälte sowie Wasser als Wärmemedium.
© ZAE Bayern
Lichtsimulation der menschlichen Wahrnehmung in einem Eckbüro zur Sommersonnenwende am 21.6.
© Ebert-Ingenieure GmbH & Co. KGEnergiekonzept
Für die Raumbeheizung und zur Warmwasserbereitung wird Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung verwendet, gleichfalls zur Gebäudekühlung mittels offener Sorptionskältetechnik. Ergänzt wird die Gebäudekühlung durch passive nächtliche Strahlungskühlung. Hierbei wird das Gebäude mit einer Kombination von Verdunstungskälte, Konvektion und Wärmeabstrahlung an den "kalten" Nachthimmel gekühlt. Die Kühllast wird über einen Wärmetauscher in die Zisterne übertragen, welche – vorwiegend nachts – über die Dachkreisläufe rückgekühlt wird. Eine Löschwasserzisterne fungiert hierbei als thermischer Pufferspeicher.

Beleuchtungskonzept für den Neubau des Forschungsinstituts in schematischer Darstellung
© fbta (KIT) nach Lang Hugger Rampp GmbH
Konzept für die Versorgung mit Lüftung, Wärme und Kälte in schematischer Darstellung
© fbta (KIT) nach Lang Hugger Rampp GmbHAuszeichnung
Dem Forschungs- und Experimentiergebäude „Energy Efficiency Center“ wurde am 15. Oktober 2014 der Bayerische Energiepreis 2014 verliehen. Ein kurzes Video (1:09) von BayernInnovativWebTV stellt das Gebäude vor.
Projektkenndaten
Gebäudekenndaten
Konstellation: Who is who? | |
Bauherr, Investor, Nutzer | ZAE Bayern |
Gebäudetyp | Labor- und Forschungsgebäude |
Baujahr des Gebäudes | 2013 |
Fertigstellung | 05.2013 |
Inbetriebnahme | 06.2013 |
Flächengrößen/Maße | |
Bruttogrundfläche (nach DIN 277) | 3.687 m² |
Beheizte Nettogrundfläche (für Nichtwohngebäude, in Anlehnung an DIN 277) | 3.104 m² |
Bruttorauminhalt | 18.778 m³ |
A/V-Verhältnis (ggf. vor / nach Sanierung) | 0,40 m²/m³ |